Die Öfen des Philipp Soldan
Gusseiserne Öfen als Prestigeobjekt und Handelsware
Wer war Philipp Soldan? - Auf SOLDAN-Spurensuche in Homberg (Efze)
Von Michael Toscher
Homberg (Efze) gehörte im Spätmittelalter zu den wohlbetuchten Handelsstädten. Über zwanzig Berufe, u. a. Färber, Gewandreißer, Kupferschmiede, Schuhmacher, Sälzer, Müller, Tuchmacher, Töpfer und ein blühender Wollhandel in der Zeit (vor dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg), um 1500 bis 1620 lassen dies erkennen.
Am Marktplatz herrschte reger Betrieb. Im Stadtzentrum wurde beinahe Tag für Tag fleißig Kauf, Verkauf, Tausch und Handel von Waren und Geld betrieben. Die Phase von 1500 bis 1620 gilt als „Goldenes Zeitalter“ für Homberg, ehe die schweren Aderlässe im Dreißigjährigen Krieg (Fourage, Truppeneinquartierung, Kontributionen etc.) Hombergs Einwohnerzahl, Wirtschafts- und Finanzkraft auf ein Minimum reduzierten, wovon sich die Stadt in späterer Zeit nur langsam erholte. Im „Goldenen Zeitalter Hombergs“ war ein Handelsgut jedoch ein Luxusartikel, den sich nur die Reichen leisten konnten: der gusseiserne Ofen.
Der gusseiserne Ofen im Regelfall nur für die vermögende Oberschicht zugängliches Luxusprodukt, erfüllte mindestens drei Aufgaben. Ein solcher Ofen spendete an kalten Tagen Wärme. Gusseiserne Öfen mit biblischen Motiven, die weit über Soldan´s Heimatstadt Frankenberg hinaus verkauft und entsprechend geliefert wurden, besaßen einen besonderen Status Quo für die vermögende Gesellschaft. Solche Öfen gehörten zum Ansehen (Prestige) der wohlhabenden Oberschicht der damaligen Zeit im 16. Jahrhundert. Aufgrund ihrer künstlerisch sehr hochwertigen, weil aufwändigen Verzierung durch einzigartige Vielfalt biblischer Motive, boten solche Öfen reichlich Optik für das Auge der Betrachtenden. Solche Öfen, wovon Ofenplattenteile (Fragmente) im Homberger Brunnen gefunden wurden, die ihm nachweislich zugeschrieben werden, galten als Markenzeichen des um 1500 in Frankenberg geborenen und etwa gegen 1569 gestorbenen Ofenbaumeisters Philipp Soldan.
Erklärung der Ofenplatten aus dem Burgbrunnen auf der Tafel:
Die auf den Fotos abgebildeten Fragmente sind Teile einer Gesamtdarstellung, die zwei Szenen im Rundbild zeigt: Die Erschaffung des Menschen und die Geburt Christi.
Die Model schnitt Philip Soldan (1500 - 1559) wie links oben lesbar:
"GESCHNIDEN VON PHILIPO SOLDAN ZUM FRANCKENBERG"
Die Ofenplatten wurden hergestellt in der Gießerei des Klosters in Haina. Rechnungen belegen die Lieferung der Öfen an Homberg.
Die Geburtsszene wird von den Symbolen der vier Evangelisten, die Darstellung des Paradieses von den vier Winden eingerahmt. Die Reproduktionen dieser Szenen sind erstellt nach Bildmaterial von "Bildarchiv Foto Marburg". Das Original des Ofens befindet sich im Universitätsmuseum Marburg.
Philipp Soldan: Ein Meister hochkarätig-vielseitiger Handwerkskunst
Um 1500 als Sohn einer angesehenen Rentmeisterfamilie in Frankenberg geboren (Landkreis Waldeck Frankenberg), etwa um 1569 gestorben, darf die Stadt berechtigterweise den markanten Zusatz „Philipp-Soldan-Stadt“ führen. Darüber hinaus hatte das Lebenswerk des Ausnahmekünstlers nicht nur in seinem Heimatort Bestand, es hinterließ auch in der Reformationsstadt Homberg (Efze), wo die Reformation durch die Synode von 1526 ihren Ursprung nahm, Spuren. Philipp Soldan gehört aufgrund mehrerer im Burgbrunnen der Hohenburg bei den Freilegungsarbeiten 1997 – 2001 gefundener Ofenplatten-Teile zum festen Ausstellungsinventar des Hohenburgmuseums im Haus der Geschichte.
Wiederentdeckung eines bedeutenden Renaissance-Künstlers im Reformationsjahr
Mit Philipp Soldan aus Frankenberg dem „Bildhauer der Reformation“ wurde im Jubiläumsjahr 2017 ein bedeutender nordhessischer Renaissance-Künstler wiederentdeckt. Seine Werke wurden auf drei großen Ausstellungen in Marburg, Frankenberg und Kassel gezeigt. Dazu gehörten insbesondere künstlerisch gestaltete Ofenplatten, mit Bildern aus der Bibel. Nach Martin Luthers Wunsch sollten sie Leuten in ihrer Wohnstube „Gottes Werk und Wort an allen Enden immer vor Augen“ führen. Menschen die des Lesens unkundig waren, konnten sich bei Tag an Soldans biblisch festgehaltenen Erzählungen auf Eisen erfreuen. An kalten Abenden glühten sie bei kräftigem Heizen rot auf, spendeten Wärme für Leib und Seele. Hundertfach nachgegossen, in ganz Deutschland verbreitet erfreuten sich Ofenplatten aus der Werkstatt des begnadeten Frankenberger Kunsthandwerkers Philipp Soldan enormer Beliebtheit.
Ein in Vergessenheit geratener Meister und seine Werke
Der lange Zeit in Vergessenheit geratene „Meister Lipsen zum frankenperg“ arbeitete für Fürsten und Bischöfe, bis er als „Bildhauer der Reformation“ im Jahr 2017 wiederentdeckt wurde. Dank seiner zwei nordhessischen Entdecker Ludwig Bickell (1838 – 1901) und Albrecht Kippenberger (1890 – 1980) die den lange vergessenen Handwerker aus der Versenkung holten und verstärkt in den Fokus der Geschichte rückten, erfuhr Philipp Soldan verdientermaßen Würdigung. Heute ist sein Name spätestens seit dem 500. Jubiläum zum Gedenken der 1517 ausgelösten Reformation bekannter als er es zu Lebzeiten je war.