Die Homberger Musketiere
Die Homberger Musketiere
Seit dem 15. Jahrhundert kampfbereit zum Schutze der Stadt
Von Michael Toscher
Wer kennt sie nicht, die „Vier Musketiere“ von Alexandre Dumas? Dabei gab es auch in Homberg eine Musketengruppe und die schon seit dem 15. Jahrhundert. Sie kämpfte nicht mit Degen, sondern zuerst mit Armbrüsten und später mit Musketen. Sie gilt als belegt und geht zurück auf ein für Homberg besonderes Ereignis im Jahre 1457.
Am Sonnabend des 6. August 1457 ritt Landgraf Heinrich III. mit Gefolge in die Handelsstadt Stadt ein, weil ihm an einer Teilnahme am dreitägigen Schießen der Homberger Schützen gelegen war. Dabei wurden 20 Pferde in den Stallungen im Hofhaus am Obertor 1 untergebracht. Aus der Schultheißenrechnung ist noch heute zu lesen, dass folgende Lebensmittel bei dieser dreitägigen Veranstaltung verbraucht wurden: Ingwer, Zwiebeln, Safran, Nelken, Zucker, Pfeffer, Schönbrot, Petersilie, Beeren, junge Hähnchen, ein Kalb, fünf Hammel, 40 Pfund Rindfleisch, 190 Halbe Weine. In Homberger Stadtrechnungen des 17. Jahrhunderts finden sich die Begriffe „Muscatierer“ und „Büchsenschützen“.
Homberger Schützenverein verfügt über eine lange Tradition
Schon ab dem Jahr 1598 gab es für die Homberger Schützengesellschaft eine Schützenordnung, die den Schießsport regelte. Somit kann der Homberger Schützenverein auf eine recht alte, lange bestehende Tradition zurückblicken. Aufgestellt von Landgraf Moritz und dem Rat der Stadt, sollten sich alle Bürger mit der Schützenordnung vertraut machen, die „mit den Büchsenschützen zu Homberg Gesellschaft halten wollten“. Die Gemarkungsbezeichnung „Bei der Scheiben“ aus dem Jahr 1648 deutet darauf, dass man sich dem Schießtraining widmete. Des Weiteren ist für das Jahr 1608 erwähnt, dass vier Homberger Schützen: Bäcker Tobias, Hans Nagelschmied, Johannes Waßmuth und Hob Hayn „auf ein Schießen nach Kassel“ zogen, wofür ihnen die Stadt 3 Taler auszahlte, und im Jahr darauf 1609 zogen „Homberger Muscatierer und Büchsenschützen“ auf das Hebelsche Schießen4, wofür sie 3 Kammergulden (fl .) empfangen.
Die Gilde des Heiligen Sebastian
In der Gilde des Heiligen Sebastian war auch die Homberger Bürgerwehr im ganzen vertreten, dessen silbernes Standbild die Rathaustafel zierte. Obwohl das Schießpulver bereits lange erfunden war, schoss man dem Heiligen Sebastian zu Ehren weiter mit der als Lieblingswaffe der Bürger geltenden Armbrust. Auf Blatt 46 im Homberger Bürgerbuch erwähnt der Stadtschreiber neben den Namen die unterschiedliche Bewaffnung der im Jahr 1612 nach Homberg zugewanderten Bürger:
„Hans Gottesleben, Helbart, Sturmhut;
Adam Walter, ein Rohr;
Ludewig Leonhardt ein Helbart;
Die Musketen im Homberger Heimatmuseum.
Hans Seibert ein Sturmhut und Zimer;
Jacob Peucker ein Hellebarte;
Curtt Wittich ein Harnisch und Glantz“.
Von dem Eintrag von Waffen in das Bürgerbuch sah man im Allgemeinen ab, weil die Möglichkeit bestand, dass es dem Feind in die Hände fiel. Daher wurden Abkürzungen
verwendet, „m“ (= Muskete) und „im A“ (= in der Ausschusskompanie).
1623 rückte die Kriegsgefahr näher an Hessen heran
Im Jahr 1623 rückte die Kriegsgefahr näher an Hessen heran. Homberg bekam dies auch zu spüren. Der Rat sah sich veranlasst, wieder eine Musketengruppe aufzustellen. Diese bestand aus neun Mann. Laut Eintragung im Bürgerbuch erhöhte sich deren Mitgliederanzahl in den Jahren 1629 um 15 und 1630 um 14 weitere Schützen. Die Musketierschützen gingen aus der Schützengesellschaft hervor, die Besten von ihnen wurden auf das „Hebeler und Kasseler Schießen“ gesandt.
Hauptaufgabe: Schutz des Gemeinwesens der Stadt
Die Aufgabe für den Schutz des Gemeinwesens in Homberg zu sorgen, oblag von eh und jeh der Bürgerschaft. Wer als Bürger der Stadt den Bürgereid leistete, verpflichtete sich zum Wachdienst und übernahm damit zugleich die Aufgabe, die Stadt im Notfall zu verteidigen. Schon vor dem Dreißigjährigen Krieg standen neu hinzugekommenen Bürgern Ausrüstungsgegenstände wie Harnisch, Sturmhut, Ziemer, Hellebarde oder Gewehr zur Verfügung, die im Bürgerbuch registriert waren. Aus den Mitgliedern der privaten Schützengesellschaft wurden „Musketier- und Bogenschützen‘‘ oder auch „Musketier und Scheibenschützen“ rekrutiert, deren Ausrüstung dem Zuständigkeitsbereich der Stadt unterlag. Aus der „Scheibenschützen-Kompanie“ bildete sich die städtische Schutzwache, die vielfältige Wach- und Sicherheitsaufgaben zu erfüllen hatte.
Die Stadt zahlte dem Schützenmeister jährlich jeweils 4 Kammergulden (fl. ) für die Kompanie zum Verschießen. Gewehre hatten längst Einzug in der Gesellschaft gehalten, dennoch verwendeten die Scheibenschützen noch jahrhundertelang die Armbrust als sportliche Waffe, wobei sich Homberger Scheibenschützen mit anderen Musketierkompanien u.a. in Kassel, Hebel und Treysa maßen.
Ein Schießgraben lag vor dem Obertor
Vor dem Obertor lag ein Schießgraben, offenbar befand sich die Homberger Schießhütte dort, wo heute das Schützenhaus steht. Mittels Begleitung eines voll beladenen Schützenwagens zog man ins Feld hinaus. Die Musketengruppe wuchs auf eine stattliche Zahl von 54 Mann. Nur wenige von ihnen überlebten das für Burg und Stadt Homberg schreckliche Kriegsjahr 1636.
Nach 1639 kam die Bürgerwehr, danach die Ausnahmskompanien
Vollständig von den feindlichen kaiserlichen Truppen zerschlagen, unternahm der Rat erst drei Jahre darauf, – im Jahr 1639 den vorsichtigen Versuch, eine bewaffnete Bürgerwehr einzurichten, die sich auf sechs Mann belief. Auch dieser Funke mutiger Selbsthilfe erlosch im Elend der für Homberg wiederum schwierig zu bewältigenden letzten Kriegsjahre. Nach dem Dreißigjährigen Krieg erfüllten die Bürgerschützen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ihre Aufgabe im Dienste des Landesherrn danach traten an Stelle der im Mittelalter erstandenen Einrichtung der Bürgerschützen die „Ausnahmskompanien“. Diese Einrichtung ersetzte die vorherige Bürgerwehr. (di)
Vorliegende Quellenangaben wurden zugunsten der Lesbarkeit nicht mit veröffentlicht.