Klimaschutz
Land Hessen unterstützt Kommunen bei Klimaanpassung
324 Kommunen können mit „Fließpfadkarten“ jetzt besser die Folgen von Starkregenereignissen einschätzen
Wiesbaden/Homberg (Efze) – Eben noch schönstes Wetter, plötzlich steht alles unter Wasser – Starkregen kommt unerwartet und schnell, und er kann überall auftreten. Auch in Hessen waren schon viele Gemeinden betroffen. Das Hessische Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat (HMLU) hat deswegen gemeinsam mit dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) Kommunen unterstützt, sogenannte „Fließpfadkarten“ zu erstellen. Insgesamt 321 Kommunen haben solche Karten bekommen, nun wurden die letzten drei an die Gemeinden Knüllwald, Homberg (Efze) und Schrecksbach übergeben. Damit sind alle Kommunen in Hessen, die einen Antrag auf eine Fließpfadkarte gestellt hatten, nun mit einem solchen Instrument ausgestattet.
„Unwetterartige Regenfälle können dramatische Auswirkungen haben“, erklärte Umweltminister Ingmar Jung. „Wir stärken gemeinsam mit den Kommunen den Hochwasserschutz und die Vorsorge bei Extremwetterereignissen. Mit den Fließpfadkarten ermöglichen wir den Kommunen unbürokratisch und risikoorientiert eine umfassende Prävention. Für Kommunen, die sich noch umfassender mit der Gefahr von Starkregen befassen wollen, fördern wir zusätzlich über die Klima-Richtlinie detailliertere Starkregengefahrenkarten“.
„Der Schutz vor Schäden durch Starkregen wird mit voranschreitendem Klimawandel immer wichtiger“, sagte Prof. Dr. Thomas Schmid, Präsident des HLNUG, „denn je wärmer es wird, desto häufiger und heftiger werden Starkregenereignisse auch bei uns in Hessen. Anpassung an den Klimawandel ist nicht optional, sondern zwingend erforderlich – es geht schlichtweg um unsere Sicherheit und unseren Schutz.“
Fließpfadkarten als Grundlage für zukünftige Maßnahmen
„Die Fließpfadkarten sind ein sehr wichtiger Baustein der zukünftigen Präventionsmaßnahmen für steigende Starkregenereignisse. Gerade für eine Flächengemeinde wie Knüllwald lassen sich viele Informationen aus den Karten ableiten und Maßnahmen entwickeln“, so der Bürgermeister von Knüllwald, Andreas Koch.
„Für die Gemeinde Schrecksbach ist die Erstellung der Fließpfadkarte der erste Schritt zur besseren Vorbereitung auf Starkregenereignisse. Sie dient als Grundlage für einen entsprechenden Maßnahmenkatalog, der sukzessive umgesetzt werden soll,“ kündigt der Schrecksbacher Bürgermeister Andreas Schultheis an.
„Wir arbeiten in Homberg (Efze) schon seit den 90-ziger Jahren erfolgreich für den Homberger Hochwasserschutz. Starkregenereignisse finden auch bei uns immer häufiger statt. Die Fließpfadkarten ermöglichen uns zukünftig bessere Starkregenrisikoanalysen, und dafür sind wir dem Land Hessen sehr dankbar. Aktuell sind wir bemüht, Förderanträge für Starkregenrisikokarten zu stellen und freuen uns auf die weitere gute Zusammenarbeit“, sagt Hombergs Bürgermeister Dr. Nico Ritz.
Nach Ahrtal-Katastrophe hohe Nachfrage
Seit der Katastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 ist das Bewusstsein für diese Art von Bedrohung deutlich gestiegen. Allein in den ersten vier Wochen nach dem Ereignis gingen beim HLNUG über 100 Anträge auf Fließpfadkarten ein.
Die Karten sind besonders gut für kleinere Kommunen geeignet und zeigen, welche Straßen oder Plätze bei Starkregen besonders gefährdet sind. Die Kommunen können darauf basierend den Bedarf von Maßnahmen ableiten und kritische Bereiche mit Krankenhäusern oder Altenheimen, die in einem Überflutungsbereich liegen, besonders schützen. Zusätzlich stellen die Karten starke Hangneigungen landwirtschaftlicher Flächen dar, von denen das Wasser in den Ort fließen kann. Für Kommunen in sehr flachem Gelände sind die Karten nicht gut geeignet, da die Fließwege bei geringem Gefälle des Geländes nicht aussagekräftig sind.
Städte wie Frankfurt oder Offenbach lassen sich damit ebenfalls nicht gut genug erfassen. Diese größeren Städte, Kommunen mit geringem Relief und solche, die spezifischere Analyse-Bedarfe haben – insgesamt 118 – konnten detailliertere Starkregen-Gefahrenkarten bei einem Ingenieurbüro beauftragen und erhielten dafür 7,82 Mio. Euro Fördermittel vom Hessischen Umweltministerium.
Hintergrund Starkregen
Starkregen kann überall auftreten – in Hessen gibt es jedes Jahr mehrere heftige Niederschläge, die teils schwere Schäden anrichten. Mit zunehmendem Klimawandel werden solche Ereignisse häufiger und intensiver. Betroffen sind vor allem Bereiche mit versiegelten Flächen in Städten und Gemeinden. Die Fließpfadkarten zeigen die Wege, auf denen Regenwasser nach einem Starkregenereignis abfließen würde. Sie eignen sich daher zur Erfassung möglicher Gefahrenpunkte in den Kommunen und zur Planung von Schutzmaßnahmen.
Wie können Kommunen sich besser schützen?
Vorsorge ist wichtig. Kommunen haben viele Möglichkeiten, sich vor Starkregen zu schützen. Nicht alle sind mit großem Aufwand verbunden, manchmal helfen auch schon relativ kleine Maßnahmen, um eine Gefahrenstelle zu entschärfen. Hilfreich ist es, ein Handlungskonzept mit Notfallplan, Sensibilisierungsmaßnahmen und Vorschlägen für technisch/bauliche Umsetzungen zu erarbeiten. Auch die Eigenvorsorge der Bürgerinnen und Bürger ist ein Baustein in der kommunalen Starkregenvorsorge. (LH)
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