Tag des offenen Denkmals in Homberg (Efze)
500 Gäste erlebten ein ganz besonderes Projekt mit viel Strahlkraft
Projekthof Mühlhausen und das Grebenhaus
Rund 500 Besucherinnen und Besucher kamen über den Tag verteilt in die Hofanlage nach Mühlhausen. Dort hatte die Eigentümer-Familie Oltmer mit einem 14-köpfigen Team von Ehrenamtlichen einzelne Stationen aufgebaut. An der einen konnte man frisch gebackenen Kuchen und Kaffee gegen eine Spende erhalten. Dabei sei das Vorbereitungsteam besonders erwähnt und bedankt, das für Kuchen und Kaffee sorgte. Eine zweite Station bot frische und leckere Backofenpizza zubereitet von Lisa und Max Amling. Neben dem leiblichen Wohl kam auch die Information nicht zu kurz. Ein Team von Restauratoren und Handwerkern (Rainer Scherb, Horst Oltmer, Oliver Raupach, Rainer Herwig und Rainer Danz) kam mit den Gästen ins Gespräch über „Feierabendziegel“, die Sanierung mit Lehmputz, überhaupt sprach man viel über die ökologische Sanierung von altem Wohnbestand und über die Stuckdecke und den Kratzputz des alten Grebenhauses.
Alles begann mit der Hofanlage
Diese Sanierung der Mühlhäuser Hofanlage an der Frielendorfer Straße 4 begann vor sieben Jahren mit freiwilligen Helferinnen und Helfern. Ein Backofen wurde gebaut, das Hofgebäude wurde von Grund auf saniert: das Dach neu eingedeckt, die Innenwände neu mit Lehm verputzt, die Fußböden mit Holzparkett verlegt usw. Und das alles ehrenamtlich. Den dadurch neu gewonnenen Wohnraum konnten die Gäste jetzt besichtigen. Die neuen Bewohner, das Ehepaar Christina und Julian Schmelzle, öffneten dankenswerterweise ihr privates „Reich“ und so erfuhren Besucherinnen und Besucher, wie energetisch und atmosphärisch warm man dort wohnen kann. Auf diese Weise kommt neues Leben in die Hofanlage und damit ist ein wichtiges Ziel der Sanierung jetzt erreicht.
Perle gefunden: Das alte Grebenhaus
Wer jetzt aber glaubt, dass damit dieses einmalige Projekt schon abgeschlossen sei, der irrt. Das neben der Hofanlage stehende alte Fachwerkgebäude war schon für den Abriss freigegeben worden und sollte weichen. Familie Oltmer kaufte es dem Eigentümer ab und rettete so eine Perle, wie sich kurze Zeit später herausstellte. Denn es handelt sich bei dem Haus um das alte Haus des Greben, das sogenannte Grebenhaus. Der „Grebe“ war die Amtsbezeichnung eines Dorfvorstands, Schultheißen oder Dorfrichters. Der „Greve“ unterstand dem Gerichtsherren des jeweils übergeordneten Amtes. In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts, im Herrschaftsbereich Friedrich II., gehörten zum Amt Homberg mehrere Grebenstühle. In Mühlhausen war der Amtssitz des Grebenstuhls Efze, dem sechs Efzedörfer zugeordnet waren. Dieses Amt ist heute mit dem Bürgermeisteramt vergleichbar.
Dementsprechend waren die Räumlichkeiten reich ausgestattet mit Stuckdecke, Goldtapete und einem Klavier. Hier residierte das Erbauer-Ehepaar Johann Nikolaus Prissing (Grebe) und Anna Martha Elisabetha Prissing. Dies ist auf einem Holzbalken aus dem Jahr 1797 zu lesen.
Restaurator Oliver Raupach zeigte am Tag des offenen Denkmals im Obergeschoss des alten Grebenhauses, wie er die einzelnen Farbschichten aus vergangenen Zeiten analysiert und zuordnet. Außerdem entdeckte er den originalen Anstrich auf der Lehmstuckdecke aus der Zeit der Erbauung, der sehr selten und ungewöhnlich für die damalige Zeit war. An vier Weinreben-Motiven konnte Raupach verschiedene Farbgebungen aus verschiedenen Zeitabschnitten entdecken. Am Tag des offenen Denkmals durften Kinder und Erwachsene Farben anmischen und Motivstücke bemalen. Dazu erhielten sie vom Restaurator unter anderem interessante Informationen über die Farbzusammensetzung und Haltbarkeit.
Kratzputz ist „immaterielles Kulturerbe“
An einer Außenwand des Gebäudes entdeckten die Restauratoren einen seltenen Kratzputz. Restaurator Rainer Scherb publizierte über das Grebenhaus mit diesem Kratzputz und sorgte mit Kollegen dafür, dass dieser seltene Kratzputz die Anerkennung als „immaterielles Kulturerbe“ erlangte. „Dabei ist die Handwerkstechnik das immaterielle Kulturerbe und nicht der Putz selbst“, erklärte Rainer Scherb.
Horst Oltmer erzählte schmunzelnd dann noch eine feine Geschichte. Neben diesen bedeutenden Funden, wurde ein Rest der originalen Tapete mit Golddruck aus dem 19. Jahrhundert in einem Mauseloch gefunden, das mit Mörtel zugeschmiert war.
Mag auch dieser Fund zu weiteren spannenden Ideen anregen, die Horst Oltmer schon in der Schublade liegen hat. Verraten wird aber noch nichts. Wir dürfen gespannt sein.
Bei so viel Tatendrang, Projekteifer und Freude an der Gemeinschaft brechen „goldige Zeiten“ für Mühlhausen an. (di)